»Jeder hat seinen eigenen Kilimandscharo«

Do what you can't

Bestseller
»Jeder hat seinen eigenen Kilimandscharo«

Mit acht Jahren verliert Tom Belz sein linkes Bein durch Knochenkrebs. Doch sein ungebremster Lebensmut und sein starker Wille helfen ihm, selbst die größten Hürden zu nehmen. Mit zwölf entscheidet er sich bewusst gegen eine Prothese, weil sie eher hindert als hilft. Mit 33 Jahren steht er auf dem höchsten Gipfel Afrikas und streckt siegesbewusst seine Krücken in den Himmel. Toms Botschaft: »Lass Dir von niemandem einreden, dass Du etwas nicht kannst. Wenn Du etwas wirklich willst, dann mach es. Do what you can´t!«
In seinem Buch erzählt Tom seine Geschichte und wie er es schaffte, mit den Steinen, die ihm das Leben in den Weg legte, das Fundament für ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu bauen: »Ich zeigte Ärzten, Orthopäden, Physiotherapeuten, Krankenpflegern und allen, die jemals an mir gezweifelt haben, dass ich es doch schaffe. Es war kein einfacher Weg aber definitiv eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Früh habe ich mich dazu entschieden, keine Prothese zu tragen und trotzdem Fahrrad fahren gelernt. Ich habe in einem herkömmlichen Verein Fußball gespielt, Kindern ehrenamtlich das Schwimmen beigebracht und spiele Schlagzeug seit ich sechs Jahre alt bin. Mein Leben ist nicht ansatzweise so, wie man es vielleicht von einem jungen Mann, der nur ein Bein hat, erwartet. Es ist genau das Gegenteil!«
Tom Belz möchte besonders Menschen, deren Lebenssituation sich ganz plötzlich verändert hat oder die sich im Leben durch irgendetwas behindert fühlen, Mut machen, sich nicht eingrenzen zu lassen und sich zu trauen, neue Wege zu gehen. Regelmäßig ist er daher als Speaker bei Veranstaltungen, in Schulen, im Fernsehen und Radio zu Gast, und teilt Einblicke aus seinem Leben als @tomnative auf Facebook, Instagram und YouTube.

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Tom Belz

Tom Belz

Tom Belz (geboren 1987) erkrankt im Alter von acht Jahren an Knochenkrebs und verliert sein linkes Bein. Das hält ihn aber nicht davon ab, sein Leben nach seinen Vorstellungen zu leben: mit einem Bein spielt er Fußball und Schlagzeug in einer Metal-Band. 2018 besteigt er den Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas. 2019 läuft sein Film »Mbuzi Dume – Starke Ziege« über diesen abenteuerlichen Aufstieg in den Kinos. Seit 2012 arbeitet er als Gruppenleiter in einer Tagesförderstätte für geistig und stark mehrfach behinderte Menschen. Regelmäßig ist er als Speaker bei Veranstaltungen, in Schulen, im Fernsehen und Radio zu Gast, und teilt Einblicke aus seinem Leben als @tomnative auf Facebook, Instagram und YouTube.

 

 

Leseprobe

Intro

Und eins und eins und eins und eins.
Ich konzentriere mich auf jeden Schritt. Auf jeden Schritt und jeden Atemzug. Regelmäßig jeden Schritt setzen, regelmäßig jeden Atemzug nehmen, nicht aus dem Rhythmus kommen. Nicht stehen bleiben,  weiterlaufen. Jeder falsche Schritt, jedes Anhalten und wieder neu Ansetzen kostet wertvolle Energie, und die brauche ich, brauchen wir. Gleichmäßig durch die Nase ein- und durch den halbgeschlossenen Mund wieder ausatmen. Nicht den Kopf heben. Der Lichtstrahl meiner Stirnlampe ist auf den Boden gerichtet. Ich konzentriere mich voll auf die Spur meines Vordermannes. Wenn ich sehe, dass sein rechter Stiefel ein vollständiges Profil im Schnee hinterlässt, weiß ich, dass diese Stelle sicher ist und ich dort auftreten kann. Ist das nicht der Fall, muss ich mir eine Alternative suchen und tastend den nächsten Schritt setzen. Nicht ausrutschen, nicht kippen. Wieder aufstehen zu müssen braucht zu viel Kraft. Die nächsten Meter, die  nächsten Schritte. Links und rechts die Krücken aufsetzen. Einen Schritt. Und den nächsten.
Große Eisblöcke für die Krücken finden, um nicht abzurutschen. Ich sehe nichts außer dem Lichtkegel meiner Lampe, die Spur meines Vordermanns, Godlisten, und meinen Atem, der in kleinen weißen, regelmäßigen Schwaden aus meinem Mund strömt. Ringsherum ist es stockfinster, kein noch so winziges Licht erhellt die Nacht. Nur im Kreis des Lampenscheins wird das Licht ein wenig vom Schnee reflektiert, vor fünf oder sechs Stunden schluckte das dunkle Geröll auch das. Dort fiel das Gehen leichter, die Steine waren kleiner, und der Pfad zum Pass stieg nur leicht an. Hier weiter oben hat der Wind tiefe Furchen in den Schnee gefräst. Die vereiste Oberfläche ist von schmalen, chaotischen Gräben durchzogen, in die man fast bis zum Knie abrutschen kann. Das vermeiden. Das kostet Kraft, das schmerzt. Noch einen Schritt und noch einen. Und eins und eins und eins.
Von den anderen höre ich nichts, bis auf meinen Vordermann nehme ich sie kaum wahr, obwohl ich weiß,  dass noch zwei Porter hinter mir sind. Seit der letzten kurzen Pause am Stella Point haben wir nur die nötigsten Worte gewechselt, der Wind weht unablässig, man müsste gegen ihn anschreien, aber das braucht zu viel Energie. Ich höre Musik. Während der Vorbereitung hatte ich mir viele Gedanken über meine Playlist gemacht. Jetzt läuft von Zack Hemsey »The Way«. Der Rhythmus trägt mich, treibt mich voran, obwohl ich schon längst keine Kraft mehr habe und meine Arme kaum noch spüre. Die Musik habe ich aufdrehen müssen, so laut ist der Wind. Er schneidet mir in die Wangen, reizt die Augen und lässt die Tränen auf meinem Gesicht gefrieren.
Ich konzentriere mich auf die Spur meines Vordermannes im Rhythmus der Musik. Wie in den letzten Stunden und wie in den nächsten, das Gefühl für Zeit habe ich schon längst verloren. Ich weiß nur: Es geht weiter voran, weiter nach oben und weiter durch die Nacht, während der Wind eiskalt bläst.
Aber dann wache ich aus meiner Trance auf, irgendetwas ist passiert. Die Kolonne hält an. Was ist los? Ich richte mich auf und hole Luft. Ich sehe zu Godlisten, der uns anführt. Er wendet sich zu uns um und wedelt mit den Armen. Es kommt Bewegung in die Gruppe, die anderen holen auf und kommen näher. Alle scheinen etwas zu schreien, ich ziehe meine Ohrstöpsel raus, um sie zu verstehen. Und erst dann sehe ich das Schild, nur wenige Meter direkt vor mir:

MOUNT KILIMANJARO.
CONGRATULATIONS YOU ARE NOW AT
UHURU PEAK TANZANIA, 5895 M
.

Wenig später geht die Sonne auf. Aus einem winzigen gelben Punkt am Horizont bahnt sich ein immer größer werdender Strahl wie ein Laser seinen Weg durch die Nacht. Und mit dem Aufsteigen der Sonne sieht man erst, dass wir über den Wolken sind. Nichts versperrt die 360-Grad-Sicht auf den Planeten Erde
zu unseren Füßen. Ich glaube, wir haben es tatsächlich geschafft. Ich hole tief Luft. Bin erst mal ganz still.
Und ich denke an die anderen, die unten und zu Hause auf mich warten. Alle die, die mir geholfen haben, ganz hier oben anzukommen, auf dem Top of Africa. Und die ich doch zurücklassen und ohne die ich diese letzten Schritte auf den Kilimandscharo alleine machen musste.