Interviews

Rot(Hunger) – Interview mit Senthuran Varatharajah und Kurt Bille

Das Cover des zweiten Romans von Senthuran Varatharajah ist in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler und Grafiker Kurt Bille entstanden. Wir haben den beiden Fragen zu ihrer Zusammenarbeit gestellt.

Varatharajah Senthuran steht schwarz bekleidet vor einer grauen Wand. In den Händen hält er eine große Vase, in welcher getrockneten Blumen stecken.
© Holm Burgemann

Drei Fragen an Kurt Bille

 

Wie ist die Zusammenarbeit zwischen Senthuran Varatharajah und dir zustande gekommen?

Kurt Bille: Wir sind seit einigen Jahren gut befreundet. Im Gespräch über den Roman hat sich gezeigt, dass unser Verständnis von der Notwendigkeit einer physischen Hülle, die mit derselben Stringenz wie der Text gedacht wird, sehr nah bei einander liegt. Die physische Form als Repräsentanz des Textes. Er hat mich gefragt, ob ich ihn bei der Umsetzung unterstützen möchte und ich habe ja gesagt.

 

Wie war der Arbeitsprozess, habt ihr gemeinsam eine Idee für das Cover entwickelt?

Kurt Bille: Während der Arbeit an Rot (Hunger) hat Senthuran Auszüge aus dem Manuskript mit mir geteilt, in denen die formelle Strenge und die Kompromisslosigkeit des Anspruchs deutlich wurden. Text und Satz formulieren eine klare Ästhetik, die als Grundlage für das Cover dient. Ein Cover, das nichts anbieten, nichts beweisen muss. Eine Typografie, die gleichsam monumental wie zurückhaltend ist in Kombination mit dem Motiv der Linie. Als Farbe kam nur Schwarz in Frage. Wir waren uns schnell einig.

 

Die beiden Bilder in der Mitte des Buches stammen von dir. Sind sie extra für den Roman entstanden?

Kurt Bille:  Nein, die beiden Bilder sind unabhängig vom Roman entstanden. Sie sind Teil eines Triptychons, das dritte Bild existiert noch nicht. Jetzt, da ich die beiden Bilder zwischen den Seiten des Textes sehe, glaube ich, es wird kein drittes Bild mehr geben. Nur seine Abwesenheit.

 

Kurt Bille, geboren 1990 in Kassel, ist freischaffender Grafiker und Mit-Herausgeber des Wissenschaftsmagazins fortytwomagazine, sowie Gründer von Salon Klotz, einer digitalen Galerie für angewandte Kunst. Nach Stationen in Süddeutschland und Dänemark lebt und arbeitet Kurt Bille in Berlin.

Ein abstraktes Bild von Kurt Bille, rostrot in verschiedenen Schattierungen, ein hellerer Streifen fährt von oben durch das Bild.
© Kurt Bille
Ein abstraktes Bild von Kurt Bille, rostrot in unterschiedlichen Schattierungen, zwei helle Streifen fahren von oben durch das Bild, zwischen ihnen ein dunklerer
© Kurt Bille

Drei Fragen an Senthuran Varatharajah

 

Lieber Senthuran, wie früh spielt die Gestaltung eines Buches für dich während des Schreibprozesses eine Rolle?

Senthuran Varatharajah: Ich hatte bereits sehr früh, bevor ich einen Satz geschrieben habe, eine Richtung gesehen: schwarzer Umschlag. Weiße Schrift. Nichts weiter. Die Gestaltung des Buches ist bereits das Buch. In meiner Vorstellung sollte der Roman an eine Bibelausgabe erinnern. Und so sieht der Roman dank Kurt auch aus. 

 

Auf dem Buchrücken ist nur ein weißer Strich zu sehen, kein Autorenname und kein Buchtitel. Wie ist die Entscheidung entstanden, auf diese Informationen an dieser Stelle zu verzichten?

Senthuran Varatharajah: Die Linie, die auch ein Schnitt ist, ist ein Motiv, das in verschiedenen Variationen immer wieder im Roman erscheint. Auch der Satz ist eine Linie - eine Linie, die sich durchstreicht. Auf dem Buchrücken streicht diese Linie mich durch: meinen Namen, und den Namen des Romans, zu dessen Namen ich geworden bin.

 

Wie war es für dich, dass gedruckte Buch nun in den Händen zu halten?

Senthuran Varatharajah: Die ersten Tage konnte ich das Buch nicht öffnen. Ich habe es getragen, gehalten; gewendet wie einen Stein. Die kalte Eleganz und Strenge des Designs beeindrucken mich bis heute. Und es macht mich glücklich, auf eine einfache Art: dass dieser Roman gestaltet wurde, von einem Freund, der mich begleitet hat - durch diesen Roman hindurch. Vom Anfang bis zum Ende.

Senthuran Varatharajah, geboren 1984 in Jaffna, Sri Lanka, studierte Philosophie, evangelische Theologie und vergleichende Religions- und Kulturwissenschaft in Marburg, Berlin und London. 2016 erschien sein erster Roman »Vor der Zunahme der Zeichen« im S. Fischer Verlag. Sein zweiter Roman »Rot (Hunger)« wurde 2022 veröffentlicht. Seine Romane wurden vielfach ausgezeichnet. Varatharajah ...

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