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»Wissen Erinnern Fragen« 26. Januar 2023: Tagung zum Start der Initiative (Berlin)

»Wissen Erinnern Fragen« (Startseite)
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Weiterführender Link:
Walter H. Pehle und die »Schwarze Reihe«

Donnerstag, 26. Januar 2023,  Magnus-Haus, Am Kupfergraben 7, 10117 Berlin

Eröffnungsveranstaltung der Initiative »Wissen Erinnern Fragen« des S. Fischer Verlags

Die Erinnerung an den Holocaust steht vor einer entscheidenden Wende: Bald wird es keine Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mehr geben, die von der Vernichtung der Jüdinnen und Juden erzählen können. Wie können – gerade vor dem Hintergrund, dass Antisemitismus, antidemokratische Tendenzen und Rechtsextremismus immer präsenter werden – ihre Erinnerungen gespeichert und wachgehalten werden? Am 26. Januar 2023 fand die Eröffnungsveranstaltung der Initiative »Wissen Erinnern Fragen« des S. Fischer Verlags statt. Im Rahmen von drei Panels wurde das Nachwirken des Nationalsozialismus mit verschiedenen Expert*innen diskutiert: »Kontinuitäten von Antisemitismus, Rassismus und Xenophobie. Wie muss die Diskussion heute geführt werden?«, »Das Verschwinden der Zeitzeug*innen – Wie sieht die Erinnerungskultur im 21. Jahrhundert aus?«, »Mehrdeutigkeiten, Manipulationen, Verkürzungen – der strategische Einsatz historischer Begriffe«.

Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und ist über Youtube-Kanal der S. Fischer Verlage zu sehen.

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Begrüßung: 
Oliver Vogel, Verleger des S. Fischer Verlags

I. Panel: 
Kontinuitäten von Antisemitismus, Rassismus und Xenophobie: Wie muss die Diskussion heute geführt werden?
Mit: Prof. Dr. Meron Mendel (Direktor der Bildungsstätte Anne Frank), Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum (Leiterin des Zentrum für Antisemitismusforschung, Berlin) und
Prof. Dr. Manuela Bojadžijev (Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Europäische Ethnologie)

Moderation: Shelly Kupferberg

Am 9. Oktober 2019 hat ein antisemitischer und rechtsextremistischer Attentäter versucht, schwer bewaffnet in eine Synagoge in Halle einzudringen. Im Februar 2020 sind in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet worden. Rassismus und Antisemitismus sind weder neue Phänomene noch handelt es sich um Missstände, die in der postnationalsozialistischen Gesellschaft irgendwann schon einmal behoben wurden. Gegen den Mythos eines überwundenen Antisemitismus spricht nicht nur die deutliche Präsenz antisemitischer Sprache und Vorurteile bei Corona-Protesten, auf Anti-Israel-Demos oder im Kontext von Verschwörungsideologien. Antisemitische Straftaten erreichen regelmäßig neue Höchststände. Rassismus ist für viele Menschen eine alltägliche Erfahrung. Xenophobe, antisemitische und rassistische Haltungen sind tief verwurzelt und bahnen sich durch neue Ausdrucksformen ihren Weg in die Mitte der Gesellschaft. Welche Konsequenzen lassen sich aus der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus für die Diskussion über die aktuelle Situation ziehen? Welche Kontinuitäten und Dissonanzen können herausgestellt werden? Wie muss sich der Diskurs ändern, um eine dauerhafte Sensibilität für die Präsenz von Antisemitismus und Rassismus herzustellen?

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II. Panel:
Das Verschwinden der Zeitzeug*innen – Wie sieht die Erinnerungskultur im 21. Jahrhundert aus?

Mit: Prof. Dr. Jens-Christian Wagner (Direktor der Gedenkstätte Buchenwald), Karen Jungblut (Leiterin der USC Shoa Foundation in Deutschland) und
Dr. Tobias Ebbrecht-Hartmann (The Hebrew University of Jerusalem).

Moderation: Vladimir Balzer

Die Erinnerung an den Holocaust steht durch das Verschwinden der Zeitzeugen vor einer großen Herausforderung. Gleichzeitig lassen sich neue, digitale Versuche beobachten, die Verbrechen des Nationalsozialismus auch einer jüngeren Generation zugänglich zu machen. Was bedeutet der Verlust biographischer Zeugenschaft für die Erinnerungskultur? Wie kann ein zukunftsgerichtetes, lebendiges und reflexives Erinnern im 21. Jahrhundert aussehen? Welchen Herausforderungen muss sich das Erinnern angesichts einer immer vielfältiger werdenden Gesellschaft stellen? Welche Rolle spielen Parallelen und Unterschiede zu aktuellen Erfahrungen von Flucht und Ausgrenzung in der Entwicklung einer gemeinsamen Erinnerungskultur? Welche neuen Formen des Erinnerns können gefunden werden? Wie sieht die Zukunft der Erinnerung aus – in Deutschland und in Europa?

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III. Panel: Mehrdeutigkeiten, Manipulationen, Verkürzungen – der strategische Einsatz historischer Begriffe
Mit: Prof. Dr. Natan Sznaider (Universität Tel Aviv),
Prof. Özen Odağ (Touro University Berlin) und Dr. Mark Terkessidis (Autor, Migrationsforscher)

Moderation: Vladimir Balzer & Shelly Kupferberg

»Hitler«, »Faschismus«, »Auschwitz«, »Genozid«. Nicht erst seit dem Krieg gegen die Ukraine lässt sich ein Umgang mit bestimmten Begriffen beobachten, der nicht diskursiv verfährt, sondern die Deutungshoheit an sich reißen will. Immer wieder werden Begriffe ohne Geschichtshintergrund verwendet, um eine größtmögliche Emotionalisierung zu erzielen oder strategische Ziele zu erreichen. Gleichzeitig können politische und historische Schlagworte schnell missinterpretiert und bewusst falsch verstanden werden. Die Auseinandersetzung um und mit diesen Begriffen findet nicht nur in den öffentlichen Medien, sondern auch in den sozialen Netzwerken statt, in denen häufig der wichtige Kontext fehlt. Auf welche Weise werden Begriffe, rhetorische Codes und Narrative bedient, kontextualisiert und instrumentalisiert? Welche Formen der Provokation, Emotionalisierung und Komplexitätsreduktion lassen sich beobachten? In welcher Situation sind bestimmte Begriffe unangebracht? Wann geht Polemik in Geschichtsklitterung über?

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Schlussmoderation:
(Valdimir Balzer & Shelly Kupferberg)

 

Die »Schwarze Reihe«

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