Mit großer Trauer haben wir heute vom Tod von A. S. Byatt erfahren. Byatt, die im Jahr 1990 den renommierten Booker Prize für ihr Werk »Besessen« erhielt, galt als anerkannte Größe in der literarischen Welt.
Sie war eine der wenigen großen europäischen AutorInnen, die sich Literatur immer nur als Ganzes vorstellen konnten. Von den Sagas zu den Brüdern Grimm, von Julia Franck zu Sjón – alle Bücher berührten einander. Sie wechselte mühelos zwischen den Sprachen und Künsten, kannte Sigmar Polke wie Anselm Kiefer.
Auf ihren letzten Roman »Das Buch der Kinder« sollte ein Buch über Wien und Berlin folgen. Sie las begeistert Stefan Zweig und Thomas Mann, dachte sich Figuren aus wie den österreichischen Romancier Marius Kohlschreiber und den Dadaisten Fabian Seidensticker. Aber ihre letzten Jahre waren von Krankheit gezeichnet, die Figuren wollten nie recht ihre Imagination verlassen, und der Roman, der uns das erste Drittel des 20. Jahrhunderts geschildert hätte und der sie die letzten zehn Jahre beschäftigt hatte, fand keinen Abschluss.
Jetzt begleiten Kohlschreiber und Seidensticker sie auch auf ihrer letzten Reise: mit 87 Jahren ist sie zuhause in London sanft entschlafen.