Folgender Text ist der zweite Teil der Beobachtung eines Phänomens, das mich seit der Veröffentlichung von Die fürchterlichen Tage des schrecklichen Grauens beschäftigt: der Wunsch, zurück durch die eigene Arbeit, recherchierend am eigenen Buch, ihm nochmals auf den Grund zu gehen, an die Wurzeln und in die Entstehungsgeschichte (den Schlangenhaufen), die erst jetzt, durch die Veröffentlichung und im Licht ihrer Verwandtschaft, wirklich sichtbar wird. Die Haltung dabei ist nicht die des Wissenden, sondern die desjenigen, der fragt, der Entdeckungen macht und diese Entdeckungen einzuordnen versucht. Obwohl das Phänomen für mich neu ist, mir so zum ersten Mal begegnet, erscheint es mir wie eine ganz selbstverständliche Angelegenheit, die dennoch seltsam kompliziert und rückwärtsgewandt wirkt, lächerlich auch und hilflos (wenn es einen Stoff gibt, aus dem die Literatur gemacht ist, er muss wohl genau so beschaffen sein).
Wenn ich zurücksteige durch den Prozess des Schreibens und die dabei getroffenen Entscheidungen, Jahre des Sitzens und Wartens und Grübelns und der Überwindung der Zweifel, den ganzen Weg, komme ich schließlich am ersten konstituierenden Satz des gesamten Romans an. Dem Wunsch, mit dem das Buch beginnt und damit auch die Auseinandersetzung mit seinem Personal, den Figuren, und mit der Sehnsucht, die sie einbringen in die Produktion, um die es in dem Roman geht. Der erste Satz des Buches lautet: »Ich hatte mir vorher oft gedacht, dass ich gerne einmal in einem Horrorfilm mitgespielt hätte.« Der tatsächliche erste Satz aber, von mir vor etwa drei Jahren am Computer in eine leere Textdatei geschrieben, findet sich im fertigen Buch erst auf der nächsten Seite: »Ich stellte mir vor, als die Figur, die ich im Film spielen würde, einen aufwendig animierten, grausamen Tod zu sterben.« Durch die Äußerung dieses Wunsches, die Worte, die als niedergeschriebener Text immer auch Beschwörungsformeln sind, entstand die Instanz des Erzählers des Romans, der auf den folgenden Seiten berichtet, dass er von einem alten Studienfreund angerufen und eingeladen wurde, an der Produktion eines Horrorfilms mitzuwirken. Die Details der Produktion bleiben zunächst ungeklärt und damit Gegenstand der Phantasie, die nahe Zukunft eine unkonkrete Verheißung und Versprechung: »Das Gefühl tat mir gut, es machte mich im besten Sinn nervös und wach und neugierig auf die Zukunft. Heute würde ich sagen, dass es sich auch damals schon um eine dunkle Vorahnung gehandelt hat. Auch wenn das komisch klingt: eine wohlige dunkle Vorahnung. Die Kellertreppe, die man in voller Absicht hinabgeht, ohne das Licht einzuschalten. Vielleicht entsprach dieser Zustand dem Gefühl, das man hat, bevor man den Kinosaal betritt, um sich einen Horrorfilm anzuschauen. Wenn man jemand ist, der das gerne macht oder sich etwas davon verspricht.«