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Über Termindruck, amerikanische Late-Night-Shows und körperliche Fitness

Violeta Topalova, Karlheinz Dürr und Hans-Peter Remmler sind drei der sechs ÜbersetzerInnen, die innerhalb weniger Wochen Philip Ruckers und Carol Leonnigs Buch »Trump gegen die Demokratie« übersetzt haben. In diesem kurzen Interview erzählen sie, wie sie sich auf die Übersetzung vorbereitet haben, wie die Koordination untereinander ablief und was sie fit hält.

Worin bestanden die Besonderheiten und Herausforderungen bei der Übersetzung dieses Projektes?
Dürr: Über Trump und sein Umfeld wird seit seiner Nominierung sehr viel berichtet. An Hintergrundinformationen mangelte es bei diesem Projekt nicht. Die Besonderheit dieses Projekts bestand für mich darin, dass manches in Trumps Verhalten trotz aller Informationen fast zu unfassbar war, so dass ich sie doch lieber noch einmal recherchierte. Zum Beispiel die Schilderung seines Versuchs, den Friedensnobelpreis zu bekommen… einfach herrlich, aber eben auch fast unglaublich. Diktion und Stil der Vorlage bereiteten keine besonderen Probleme – die beiden Autoren schreiben sehr gut lesbar, flüssig und unterhaltsam.
Remmler: Besonderheiten: Ein mit sechs Leuten ungewöhnlich großes Übersetzerteam und der knappe Termin. Natürlich verstehe ich die Terminsituation des Verlags, der sicherstellen wollte, dass das Buch zeitgleich mit dem englischen Original auf den Markt kommt (was ja offenbar auch gelungen ist).
 

Wie haben Sie sich auf die Übersetzung dieses Projektes vorbereitet? /bzw./ Konnten Sie sich auf dieses Projekt vorbereiten?
Topalova: Da es bei diesem Projekt nur sehr wenig Vorlaufzeit gab, bestand meine Vorbereitung in diesem Fall daraus, dass ich mich im Lauf der letzten Jahre recht intensiv mit der US-Politik beschäftigt hatte und mir deshalb vieles, was in meinen Kapiteln beschrieben war, im Groben bereits vor Projektstart vertraut war. So wusste ich, wo und was ich recherchieren musste, um den Inhalt korrekt wiederzugeben. Was für mich persönlich noch wichtig war: Der im Lauf der letzten drei Jahre beinahe tägliche Genuss amerikanischer Late-Night-Shows wie zum Beispiel The Late Show with Stephen Colbert, The Daily Show mit Trevor Noah, Seth Meyers Sendung und manchmal sogar Bill Maher. 
Die Grenzen zwischen Satire und ungeschminkter Berichterstattung waren in diesen Formaten schon immer fließend und hatten mich gut auf den realen Wahnsinn vorbereitet, der mir dann aus den Seiten, die vor mir lagen, entgegenschlug. 
Remmler: An konkreter Vorbereitung auf dieses Projekt gab es, auch aus Termingründen, nicht viel. Tagespresse und andere einschlägige Medien (inkl. CNN und BBC World) verfolge ich ohnehin regelmäßig, insofern ist man als Sachbuchübersetzer beim Thema Trump immer einigermaßen auf dem Laufenden.
Dürr: Durch frühere Übersetzungen – darunter Aaron James: Assholes. Zum Beispiel Donald Trump (Goldmann, 2016) – und frühere Tätigkeit in der Politischen Bildung (auch in Zusammenarbeit mit US-Organisationen) hatte ich schon recht gute Einblicke in das amerikanische Regierungssystem erworben. Zur direkten Vorbereitung des Projekts las ich auch relevante Abschnitte in Craig Unger, Trump in Putins Hand (Econ, 2018) und Omarosa Manigault Newman, Entgleisung. Eine ehemalige Mitarbeiterin von Donald Trump packt aus (Piper, 2018). Durch Online- und Printmedien brachte ich mich auf den neuesten Stand der verschiedenen Aspekte des Buches. Mehrere öffentliche Auftritte Trumps schaute ich mir online in Videos an.

 
Wie sah die Zusammenarbeit und Abstimmung untereinander aus? Wie haben Sie sich den Text aufgeteilt?
Remmler: Für die Aufteilung war die Agentur Mihr zuständig, die die einzelnen Übersetzer jeweils vorher gefragt hatte, wie viele Seiten sie im gegebenen Zeitraum übernehmen könnten. Die Abstimmung im Übersetzerteam bezog sich im Wesentlichen auf Fragen wie »Wer duzt / siezt wen?« und einige begriffliche Absprachen. Grundsätzlich lässt sich das mit Rundmails im Team zügig erledigen. Natürlich kann es in einem ungewöhnlich großen Übersetzerteam da auch zu Unstimmigkeiten kommen, was hier aber zum Glück nicht der Fall war. Man hätte sich z. B. streiten können, ob man Begriffe wie »Supreme Court«, »Impeachment« oder »Oval Office« übersetzt oder Englisch lässt – oder (wofür ich plädieren würde) sich gar nicht grundsätzlich festlegt und mit beiden Versionen arbeitet. Es darf dann nur nicht so sein, dass in der ersten Hälfte des Buchs NUR »Supreme Court« steht und in der zweiten Hälfte NUR »Oberster Gerichtshof (der USA)«. Aber wie gesagt: Das Problem hatten wir nicht – vielleicht auch einfach aus Zeitmangel und im Vertrauen auf die einigende Kraft des Verlagslektorats  ...
Bei der Recherche zu diesem Projekt habe ich übrigens zu meiner Überraschung festgestellt, dass von den drei genannten Begriffen lediglich das »Oval Office« in der aktuellen gedruckten Ausgabe des Rechtschreib-Dudens (27. Auflage von 2017) enthalten ist. Im Online-Duden stehen (inzwischen) alle drei.
Dürr: Das Projekt musste sehr kurzfristig eingeplant werden, und die Abgabe musste in Staffeln erfolgen. Das bedeutete, dass die fünf Teile des Textes nach den jeweiligen Arbeits- bzw. Zeitkapazitäten der Übersetzer noch weiter aufgeteilt werden mussten. Die Übersetzer übernahmen daher Kapitel aus verschiedenen Teilen des Buches. Die Abstimmung untereinander war vor allem bei Schreibweisen, Titeln bzw. Funktionen und Behördennamen etc. wichtig. Hier konnte man sich stark auf bereits vorliegende Literatur stützen. 

Wie haben Sie sich fit gehalten, um möglichst viel am Tag zu schaffen?
Dürr: Übersetzen ist Schreibtischarbeit. Daher halte ich mich schon seit vielen Jahren durch (eher moderates) Fitnesstraining und Radfahren fit. Der Zeitdruck dieses Projekts war allerdings so intensiv, dass ich danach fitnessmäßig einiges nachholen musste… von Haus und Garten ganz zu schweigen.
Topalova: Meine körperlichen Schwachpunkte sind meine Augen und meine etwas arthritischen Hände, also habe ich immer wieder Pausen eingelegt, Augen-Yoga gemacht und versucht, mit den Kräften hauszuhalten. Wenn mir das, was ich lesen musste, psychisch zu viel wurde, bin ich spazieren gegangen. Gerade bei diesem Buch war es wichtig, den Humor nicht zu verlieren, auch hier empfehle ich Stephen Colbert et al. als wirkungsvolle Gegenmittel.
Remmler: Der Termin war zwar knapp, aber ich musste zumindest keine Nachtschichten einlegen oder den Kaffeekonsum exzessiv steigern. Mein Fitnessprogramm (unabhängig von diesem Projekt) heißt schlicht: mindestens eine Stunde pro Tag (bei jedem Wetter!) an die frische Luft, per pedes oder mit dem Fahrrad – meistens eine Kombination aus beidem. Für die geistige Fitness bzw. die gelegentlich nötige Ablenkung von Übersetzerarbeit und Recherche sorgen bei mir das Schachspielen und das Klavier, das zwei Meter vom Schreibtisch entfernt steht. Das Klavierspielen kam allerdings während dieses Projekts (und zuletzt auch sonst...) definitiv zu kurz.


Das Interview führte Jasmin Rackl