Hinter den Kulissen

Was liest Franziska Haug?

›Tomboy‹ oder ›Fifty Shades of grey‹? Franziska Haug, Volontärin im Lektorat für deutschsprachige Literatur des S. Fischer Verlags, verrät im Lesefragebogen, welche Bücher sie verrückt, beeindruckend oder richtig doof findet.

Was liest du gerade?
Schon seit einiger Zeit und immer wieder neu ›Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969‹ von Frank Witzel. Ein beeindruckend politisches und zugleich verrücktes Buch. Außerdem ›Die Schmerzmacherin‹ von Marlene Streeruwitz, deren Bücher ich alle großartig finde.

Liest du auf Papier oder auf einem E-Reader?
Papier! 

Was war das letzte Buch, das du nicht bis zum Ende gelesen hast?
Ein sehr interessantes Buch: ›Queer und (Anti-)Kapitalismus‹ von Heinz-Jürgen Voß und Salih Alexander Wolter. ›Fremdwörterbuchsonette‹ von Ann Cotten will ich auch noch bis zum Ende lesen.

Was war das letzte Buch, das dich zum Lachen gebracht hat?
Ein Buch von Christiane Rösinger, das im Frühjahr 2017 bei uns erscheinen wird: ›Zukunft machen wir später. Meine Deutschstunden mit Geflüchteten‹ und außerdem ›Titanic: Das Erstbeste aus 30 Jahren: Das endgültige Satirebuch‹.

Was war das letzte Buch, das dich zum Weinen gebracht hat?
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich schon einmal bei einem Buch geweint hätte...

Was ist deine liebste Romanfigur?
Nur eine habe ich vermutlich nicht, aber ich mochte die Figuren in Thomas Meineckes ›Tomboy‹ alle sehr gern, vor allem, weil sie eine spannende Interaktion hinsichtlich ihrer Geschlechterperformances haben: Vivian Atkinson, Korinna Kohn und Frauke Stöver. Außerdem ist mir die Hauptfigur der Erzählung ›Die Tänzerin und der Leib‹ von Alfred Döblin eindrücklich in Erinnerung. Das ist keine Figur, die nett oder sympathisch ist – eher eine Figur, an der im Kleinen ganz viel Großes über das Verhältnis von Leib und Seele, Körper und Gesellschaft deutlich wird. 

Welches Buch empfiehlst du für einen Städtetrip nach New York?
›Bryant Park‹ von Ulrich Peltzer. Ein wahnsinnig kluges Buch, das ein Ereignis wie die Terroranschläge vom 11. September 2001 sehr aufmerksam mit und durch seine Sprache reflektiert.

Manchmal schämt man sich dafür, ein bestimmtes Buch zu mögen – hast Du eins?
Nein, mir fällt keines ein, aber Scham finde ich an sich eine seltsame Kategorie.

Gibt es ein Buch, das alle Welt liebte, nur Du fandest es doof?
›Fifty Shades of grey‹ fand ich richtig doof, wobei es aus soziologischer Perspektive auch sehr interessant ist, was Liebes-und Begehrensordnungen im Kapitalismus betrifft. Doof finde ich auch einige Bücher von Sibylle Lewitscharoff (z.B. ›Das Pfingswunder‹) und Martin Walser.

Welches Buch sollte Deiner Meinung nach jede und jeder gelesen haben?
›Körper von Gewicht‹ von Judith Butler – dieses Buch hat mir ganz neue Denkräume eröffnet. Außerdem ›Das Kapital‹ von Karl Marx, Rainald Goetz‘ ›Johann Holtrop‹ und ›Das obszöne Werk‹ von Georges Bataille.

Welches Buch hast Du nie gelesen und wünschtest, Du hättest es?
Oh, da gibt es leider sehr viele, die ich aber wünsche, noch zu lesen: ›Ulysses‹ von James Joyce, ›Der letzte Kommunist: Das traumhafte Leben des Ronald M. Schernikau‹ von Matthias Frings, ›Unterwerfung‹ von Michel Houellebecq u.v.m.

Zu welchem Buch kehrst Du immer wieder zurück?
›Körper von Gewicht‹ von Judith Butler und sämtliche Gedichte von Paul Celan.

114 Was liest Franzi Haug
© Franziska Haug