Hinter den Kulissen

Was liest Mirna Funk?

Sie ist überzeugt, dass jeder Mensch ein Geheimnis in sich trägt, das ihn am Leben hält, und verrät, bei welchem Buch sie zuletzt geweint hat: Mirna Funk beantwortet unseren Lese-Fragebogen.

Mirna Funk wurde 1981 in Ostberlin geboren und studierte Philosophie sowie Geschichte an der Humboldt-Universität. Sie arbeitet als freie Journalistin und Autorin, unter anderem für »Neon«, »L’Officiel Germany« und »Süddeutsche Magazin«, und schreibt über Kultur und ihr Leben zwischen Berlin und Tel Aviv. 2015 erschien ihr Debütroman ›Winternähe‹, für den ...
Zur Autorin

Was lesen Sie gerade?
Uwe Johnsons ›Mutmaßungen über Jakob‹ als Vorbereitung für die Preisverleihung des Uwe Johnson Förderpreises im September und Jina Khayyers ›Älter als Jesus‹. Ihr Buch hat mir ein guter Freund empfohlen.

Papier oder E-Reader?
Immer Papier. Auch wenn so gut wie alles in meinem Leben längst digital abläuft und ich schon vor Jahren alle meine CDs weggeworfen habe, wenn es um Bücher geht, bin ich extrem traditionell.

Das letzte Buch, das Sie nicht bis zum Ende gelesen haben?
Houllebecqs ›Unterwerfung‹. Ich habe ungefähr acht Mal die ersten 30 Seiten angefangen und irgendwann immer aufgehört zu lesen, weil es mich einfach nicht mitgerissen hat. Im Gegenteil zu ›Karte und Gebiet‹, das ich fantastisch fand.

Das letzte Buch, das Sie zum Lachen gebracht hat?
Daran kann ich mich nicht erinnern. Das mag daran liegen, dass ich mich meistens für Bücher entscheide, die mich zum Nachdenken oder Weinen bringen.

Das letzte Buch, das Sie zum Weinen gebracht hat?
›Das große Haus‹ von Nicole Krauss.

Ihre liebste Romanfigur?
Da lege ich mich nie fest. Ich versuche mich bei jedem Roman, den ich lese, in so gut wie jeden Protagonisten hineinzuversetzen und zu verstehen, warum er dieses tut oder jenes denkt. Das mache ich auch im Alltag mit den Menschen, die mir begegnen. Wir alle tragen ein Geheimnis in uns, das uns am Leben hält. Sich dem zu nähern, ist meine Motivation.

Welches Buch empfehlen Sie für einen Städtetrip nach Tel Aviv?
Gestern saß ich mit einem Freund in einem Café und wir unterhielten uns über Bücher, Tel Aviv und natürlich meinen Roman. Ein Gast, der neben uns saß, lauschte und fragte uns beim Gehen, welches Buch er in seinen Urlaub nach Tel Aviv mitnehmen solle. Wir sagten etwas von Edgar Keret, Amos Oz oder eben ›Winternähe‹.

Manchmal schämt man sich dafür, ein bestimmtes Buch zu mögen – haben Sie eins?
Wir alle haben »guilty pleasures«. Ich ganz sicher auch. Aber, wie kann ich selbst entscheiden, ob ich mich für ein bestimmtes Buch schämen sollte? Scham entsteht schließlich durch den Blick des Anderen. So sieht es Sartre. So sehe ich es.

Gibt es ein Buch, das alle Welt liebte, nur Sie fanden es doof?
›Harry Potter‹ vielleicht? Oder ›Herr der Ringe‹? Oder ›Fifty Shades of Grey‹?

Welches Buch sollte Ihrer Meinung nach jeder gelesen haben?
Ich habe kein Buch parat, aber einen Aufsatz von Kant: ›Was ist Aufklärung?‹

Welches Buch haben Sie nie gelesen und wünschten, Sie hätten es?
Klassiker. Zum Beispiel: ›Ulysses‹ von James Joyce.

Zu welchem Buch kehren Sie immer wieder zurück?
Max Frisch ›Biografie: Ein Spiel‹. Es verrät so viel über das Leben. Vieles, das man, während man lebt, immer wieder vergisst und sich mit diesem Buch in Erinnerung rufen kann.