Wie bist du dann im Anschluss an unser Treffen vorgegangen? Wie hast du die Idee für diese App entwickelt?
Ich hatte sofort, also schon während des ersten Treffens, die Vorstellung vor Augen, etwas über das Flanieren zu machen, über das Umherstreifen und Abschweifen. Und weil ich mich in diesen Monaten mit der Möglichkeit des Zeitreisens beschäftigt hatte, fügten sich die Themen ineinander. Es war eine Zeit, in der ich spüren konnte, dass etwas zu Ende ging, ohne dass ich so genau sagen konnte, was eigentlich aufhörte. Ich mochte die Vorstellung, Menschen in einer fernen Zukunft verständlich zu machen, wie jemand einen Tag in der Vergangenheit erlebt hat. Vor allem war es der Gedanke, dass es Aspekte in der Gegenwart gibt, die irgendwann nicht mehr nachvollziehbar sind, Dinge, über die man den Kopf schütteln und sich denken wird: Spinnen die denn? Um diese zukünftige Diskrepanz ging es mir.
Wie war die Zusammenarbeit mit Fabian Dussing, dem Programmierer der App?
Von Fabians Seite gab es nie ein Abwehren meiner Vorschläge und Ideen, was für den Entstehungsprozess fantastisch war. Auch was das Gestalterische betraf, hatte ich die größtmögliche Freiheit. Mein Text wurde also nicht unter eine vorgefertigte Layoutschablone gelegt. In jedem Detail, von der Strichstärke eines Kästchens bis zur Hintergrundfarbe einer Fußnote, konnte ich meine Vorstellungen einbringen, was einerseits viel Arbeit bedeutet hat, mir aber anderseits gedankliche Türen geöffnet hat, was die Möglichkeiten und Daseinsformen von Text betrifft. Nicht dass es das alles nicht schon einmal gegeben hat, aber die volle Gewalt über all diese Einstellungen zu haben, war schon toll und berauschend.
Lieber Franz, wir haben uns im Oktober 2014 zum ersten Mal bei uns im Verlag zu einer Vorbesprechung für dieses Projekt getroffen. War für dich sofort klar, dass du mitmachen würdest? Oder hattest du Bedenken?
Ja, ich hatte riesige Bedenken. Ich mag gedruckte Bücher und die beiden einzigen E-Books, die ich mir je heruntergeladen habe, sind ein Ratgeber zu Panikattacken und ein Führer zur Bestimmung von Wolkenformen, aber dann hat mich gerade diese Abseitigkeit interessiert, das Unbearbeitete mit all den Möglichkeiten, die darin stecken. Der Gedanke, dass man mit diesen elektronischen Geräten, die einen überall hin begleiten, mit denen man sein Mail-Postfach aktualisiert, Nachrichtenseiten überfliegt und schlechte Laune bekommt, doch auch etwas Schönes anstellen könnte; dass man sie auch als freundliche Begleiter sehen könnte, die einem etwas Gutes wollen, so wie die sympathischen, munter plappernden Roboter, die den Menschen in Science Fiction Filmen assistieren. Natürlich war diese Vorstellung vermessen, das haben wir technologisch nicht geschafft, aber lieber ist mir mein Handy seitdem allemal.
Letztlich war für mich jedoch die Frage entscheidend, ob es mir gelingen würde, einen künstlerischen Zugang zu finden, und das habe ich.