Interviews

Ein Gespräch mit Volker Ullrich

In einer Rezension der New York Times über die Adolf-Hitler-Biographie von Volker Ullrich verglich die Journalistin Michiko Kakutani Donald Trump mit Adolf Hitler. Volker Ullrich ordnet diese Besprechung im Interview für uns ein.

Lieber Herr Ullrich, welchen Eindruck hatten Sie von der Buchbesprechung in der New York Times? Haben Sie die Verknüpfung zu Donald Trump sofort gesehen?

Zunächst war ich freudig überrascht, dass Michiko Katukani meine Hitler-Biografie in der New York Times so prominent und freundlich besprochen hat. Erst beim zweiten Lesen ging mir auf, dass sie mit ihrer Rezension noch etwas anderes bezweckte als nur eine Würdigung meines Buches.

Ist ein Vergleich zwischen Donald Trump und Adolf Hitler angemessen?

Nein, ich halte einen Vergleich Donald Trumps mit Hitler für nicht angemessen. Er stellt meines Erachtens eine große Verharmlosung Hitlers dar. Zudem geht es bei den beliebten Hitler-Vergleichen in der Regel nicht um Fairness. Entscheidend ist nicht, ob sie historisch zutreffend sind oder nicht. Vielmehr haben sie eine politische Funktion. Hitler gilt als ein Inbegriff des Bösen, und wenn man jemand mit ihm vergleicht, kommt das einem vernichtenden Urteil gleich.

Michiko Kakutani nennt verschiedene Ähnlichkeiten zwischen Hitler und Trump. Können Sie Parallelen feststellen?

Es gibt gewiss einige Züge, die Trump und Hitler gemeinsam haben. Dazu zählen zum Beispiel die Egozentrik, die Neigung, Lüge und Wahrheit zu vermischen, das Ressentiment gegen die Eliten, die Rede davon, man wolle die eigene Nation wieder zur alten Größe führen, und dergleichen mehr. Nebenbei bemerkt: Auch der vielfache Millionär Hitler hat sich erfolgreich darum gedrückt, Steuern zu bezahlen.

Welche eindeutigen Unterschiede sehen Sie?

Hitler war nicht nur intelligenter, sondern ein sehr viel trickreicherer Politiker als Trump. Er verstand es, je nach Situation und gesellschaftlichem Umfeld wie ein Chamäleon unter verschiedenen Masken aufzutreten und in wechselnde Rollen zu schlüpfen. Er war eben nicht nur ein wirkungsvoller Massenredner, sondern auch ein sehr talentierter Schauspieler. Dadurch gelang es ihm, unterschiedliche gesellschaftliche Milieus für sich einzunehmen – nicht nur die verunsicherten Mittelschichten, sondern auch Teile der Arbeiterschaft bis hin zum Großbürgertum und Adel.

Wie ist Ihre Haltung Donald Trump gegenüber?

Für mich ist es nicht ganz einfach, das Phänomen Trump zu erfassen. Offenbar spielt er mit den Abstiegsängsten der weißen Mittelschicht in Amerika, kennt er keine Hemmungen, rassistische und islamophobe Stimmungen zu schüren. Insofern entspricht er dem Profil rechter Populisten in Europa, die ebenfalls starken Zulauf haben. In seinem exzentrischen, egomanen Auftreten übertrifft er diese jedoch noch. Die Vorstellung, dass ein Mann seines Schlages an die Spitze der Vereinigten Staaten gelangen könnte, lässt mich erschaudern. Ich hoffe aber, dass eine Mehrheit der Amerikaner klug genug sein wird, ihn nicht zum Präsidenten zu wählen.

Volker Ullrich

Volker Ullrich, geboren 1943, studierte Geschichte, Literaturwissenschaft und Philosophie. Der promovierte Historiker ist Autor der »Zeit« und Mitherausgeber des Magazins »Zeit-Geschichte « und lebt in Hamburg. Von 1990 bis 2009 leitete er das Ressort »Politisches Buch« bei der Hamburger Wochenzeitung. Ullrich hat zahlreiche historische Werke zum 19. und 20. Jahrhundert veröffentlicht. Bei S. Fischer erscheint 2013 sein Standardwerk »Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs 1871-1914« von 1997 in einer Neuauflage. Für sein publizistisches Wirken wurde er mit dem Alfred-Kerr- Preis und der Ehrendoktorwürde der Friedrich-Schiller-Universität Jena ausgezeichnet.

Literaturpreise:

2008: Ehrendoktorwürde der Friedrich-Schiller-Universität Jena