Interviews

Prosanova 2017

Vom 8. bis zum 11. Juni findet zum fünften Mal das PROSANOVA-Festival für junge Literatur in Hildesheim statt. Wir haben uns auch dieses Mal wieder vorab mit der künstlerischen Leitung unterhalten und über die Planung, Formate und ein neues Artist in Residence-Programm gesprochen.

Dieses Jahr findet das PROSANOVA-Festival zum fünften Mal statt. Wann hat die Planung für das Festival für euch begonnen?

Tatjana: Das Nachdenken über PROSANOVA hat bei jeder°jedem wahrscheinlich zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten angefangen. Die meisten von uns waren schon 2014 im Team von PROSANOVA, es begleitet uns alle also schon länger. Anfang 2016 haben wir angefangen, aktuelle Romane und Literaturzeitschriften zu wälzen und erste Überlegungen angestellt, wen wir einladen wollen und warum. Es muss dann so im April 2016 gewesen sein, dass wir in dieser Konstellation konkreter geworden sind. Und Mitte Juli 2016 waren wir eine Woche in einem Ferienhaus in der Eifel, wo die ersten großen Programmschritte gemacht wurden. Seitdem gibt es regelmäßige Planungstreffen, Programmbesprechungen und jede°r von uns betreut noch Ressorts wie z.B. Marketing oder Finanzen.

Haben sich die Bedingungen in den letzten drei Jahren verändert, um ein solches Festival zu organisieren?

Marina: Über die Bedingungen kann ich wenig sagen, aber unsere Herangehensweise hat sich sehr verändert. Bei uns hat sich viel bewegt ab November/Dezember 2016, weil wir in dieser Zeit das Programm festgenagelt haben. Und sobald das Programm da ist, muss alles konkreter werden: Wo soll das alles sein, wen wollen wir erreichen? Endlich nicht mehr abstrakt sprechen und verbindlich werden.

Sessel, Stühle und Sofas in einer großen Lagerhalle
Jasmin Osmanovic

Bisher fand das Festival immer an einem anderen Ort in Hildesheim statt. Welche Location habt ihr dieses Jahr ausgewählt und wie habt ihr sie gefunden?

Helene: Diesmal sind wir in der Hildesheimer Nordstadt, in vier großen Hallen, eine davon war bis vor einem Jahr noch ein alter ALDI Markt, eine andere eine Eisen- und Stahlhalle. Vor einem Jahr haben wir begonnen, eine passende Location zu suchen. Unterstützt hat uns dabei Herr Homeister, der in Hildesheim Leerstände verwaltet. Wir haben mit sehr vielen unterschiedlichen Eigentümer°innen gesprochen, aber immer eine Absage erhalten. Viele wollen ihre Immobilien nicht nur für einen kurzen Zeitraum vermieten und sind abgeschreckt, wenn sie das Wort Festival hören. Im März haben wir dann endlich doch etwas gefunden und ich glaube, wir hätten nicht mehr Glück haben können.

Ihr schreibt auf eurer Website »PROSANOVA ist ein Festival, das sich jedes Mal neu erfinden muss und will«. Fällt es euch leicht, diesen Anspruch zu erfüllen? Oder ärgert man sich manchmal, dass man einige Dinge nicht noch einmal machen kann?

Zoë: Nö, eigentlich nicht. Im Gegenteil, glaube ich, darin liegt der Reiz der Sache. Sich zu überlegen, was will man noch hinzufügen, welche neuen Schwerpunkte werden gesetzt, wie kann man PROSANOVA auch nochmal anders denken?

Garten, in dem gruppierte Stühle auf dem Rasen stehen
Jasmin Osmanovic

Gab es in diesem Jahr einen besonderen Schwerpunkt bei der Programmplanung?

Ole: Sogar mehrere Schwerpunkte! Mit dem Artist in Residence-Programm (AiR) wollen wir die Idee eines Arbeitstreffens von jungen Autor°innen aufgreifen, die es im Kontext der BELLA triste schon ein paar Mal gab, mit dem mehr-monatigen Schulprogramm von der jungen auf die jüngste Literatur blicken. Das konkrete Festivalprogramm ist ein Ergebnis unserer intensiven Lesephasen im Vorfeld und den Diskussionen über dieses Lesen: Was hat uns gefallen und warum? Welche Themen und welche Personen könnten wir versuchen zu kombinieren? Wer ist, relativ gesehen, eher »Big Name« und wer eher noch unter dem Radar? Explizit Ausschau gehalten haben wir dabei nach Autorinnen – in Anbetracht  patriarchaler Strukturen ein aus unserer Sicht notwendiger Schritt!

Es wird wieder viele unterschiedliche Formate geben, von der szenischen Lesung über Raum-Sound-Performance bis zur klassischen Lesung.
Auf welches Format seid ihr selbst am meisten gespannt?


Helene: Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll und bin eigentlich auf jedes gespannt.
Tatjana: Ich bin besonders gespannt auf die Gesprächsformate, die wir zu unterschiedlichen Themen auf der Bühne sehen werden. Zum Beispiel in Die sogenannte Wahrheit, zum Verhältnis von Fakt und Fiktion in freien Texten, oder in Wie sich unsere Sprache verändert, dazu wie diskriminierungsfreie Sprache funktioniert und vor allem welche Möglichkeiten darin für das literarische Schreiben liegen.
Marina: Ich freue mich besonders auf Zwischen den Stoffen – das sind drei kurze Lecture Performances zu der Frage, an welchen Stoffen man sich für ein Romanprojekt abgearbeitet hat, bevor sich das nächste hineingräbt. Und welche Materialien, Themen und Fragen tauchen immer wieder auf? Die Autor°innen können alles mitbringen: Von einem Stein bis zum YouTube-Video.
Zoë: Puh. Das kann ich nicht eingrenzen. Aber worauf ich doch gespannt bin, ist wie sich für PROSANOVA untypische Formate wie z.B. COMMOONITY – All2getherNow oder der Vortrag Rape Revisited im Kontext des restlichen Programms einordnen werden.
Ole: Besonders gespannt bin ich auf Entschuldige mal, ich denke, das wird jetzt eine Weile driften von Maren Kames.

Mit COMMOONITY – All2getherNow habt ihr auch eine Veranstaltung, die in ganz Hildesheim stattfinden wird. Könnt ihr schon etwas dazu sagen?

Zoë: Das wird super. Man kann das fast als Festival im Festival verstehen. Das Ganze setzt sich aus mehreren kleineren Formaten zusammen und führt die Besucher°innen durch den Stadtraum bei Nacht. Mehr will ich eigentlich gar nicht verraten, man sollte es sich nicht entgehen lassen!

Junge Menschen sitzen in Freien zusammen
Jasmin Osmanovic

Neu ist in diesem Jahr das Artist in Residence-Programm. Wer nimmt daran teil und wie habt ihr die AutorInnen ausgesucht?

Tatjana: Wir haben das Artist in Residence-Programm im Herbst 2016 ausgeschrieben und darauf haben sich dann bis zum Einsendeschluss am 15. Januar knapp 150 junge, unveröffentlichte Autor°innen bei mit einem Text und einem Motivationsschreiben, Formatvorschlag oder ähnlichem beworben. Die Bewerbungen waren anonymisiert, wir haben uns dann durch einen Berg von Texten gewühlt und dann im Gespräch miteinander acht Autor°innen ausgewählt, deren Texte wir sprachlich gelungen, thematisch vielversprechend und/oder deren Motivationsschreiben und Formatvorschläge wir besonders spannend fanden. Die acht heißen Bettina Wilpert, Henrik Pohl, Johannes Koch, Kristin Höller, Marcella Melien, Simon Sailer, Tabea Steiner und Timo Brandt. Sie werden am 6. und 7. Juni bereits in Hildesheim sein und an einem Workshop-Programm teilnehmen, das wir für sie entworfen haben. Auf dem Festival kann man sie in einer Insellesung am Festival-Donnerstag um 21 Uhr erleben.

Und auch für euch abschließend die Frage: Was macht ihr als erstes, wenn das Festival vorbei ist?

Ole: Hmm. Sport, Bachelor-Arbeit anmelden und verträumt in die Luft gucken.
Tatjana: Am liebsten in den Urlaub fahren.
Helene: SCHLAFEN! Und mal für ein paar Tage nicht in die Mails gucken. Aber eigentlich geht’s ja gleich weiter mit Abbau und Sonderausgabe…
Marina: Abbauen, zuerst die Technik am Montag ab 10 Uhr. Und wenn das vorbei ist: An der Sonderausgabe feilen. Aber dazwischen 4 Tage Schweden!

Das Festival: Das Programm und weitere Informationen zum Festival finden Sie hier: 
PROSANOVA 2017
Die Künstlerische Leitung des Festivals besteht aus Helene Bukowski, Marina Schwabe, Ole Schwabe, Tatjana von der Beek, Zoë Martin.