Interviews

Eva Regul über ihre Übersetzung von Catherine Ravens »Fuchs und ich« und C Pam Zhangs »Wie viel von diesen Hügeln ist Gold«

Über einen sympathischen Fuchs, die kuriose Bezeichnung der Süßkartoffel und warum es manchmal schwerfällt, den richtigen Ton zu treffen. Übersetzerin Eva Regul spricht in unserem Übersetzerinnen-Fragebogen über ihre Arbeit an Catherine Ravens »Fuchs und ich« (1) und C Pam Zhangs »Wie viel von diesen Hügeln ist Gold« (2) und beantwortet dabei auch die Frage, warum sie sich streckenweise ein Biologiestudium gewünscht hätte.

Die Übersetzerin Eva Regul blickt lächelnd mit Brille in die Kamera
© Tobias Kaiser
Was waren die größten Herausforderungen beim Übersetzen der beiden Bücher?
  1. Catherine Raven hat eine ganz eigene, manchmal etwas kuriose Denkweise, und es hat eine Weile gedauert, bis ich mich darin zu Hause gefühlt habe. Diese Besonderheit macht aber gerade einen Reiz des Buches aus.
  2. C Pam Zhangs Roman wirkt durch seinen kargen Stil und den dichten, lyrischen Ton. Rhythmus und Klang sind unheimlich wichtig, der Text musste auf Deutsch genauso »schwingen« wie auf Englisch, durfte aber kein Wort zu viel haben.

 

Was hat Ihnen beim Übersetzen am meisten Freude bereitet?

Die Herausforderungen aus der ersten Frage – wenn man dann merkt, ja, jetzt passt es.

 

Haben Sie ein neues Wort kennengelernt? Welches Wort mussten Sie nachschlagen?
  1. Nicht nur eins! Ich habe vor allem viele Pflanzennamen kennengelernt.
  2. Ich wusste vorher nicht, dass yam nicht nur Yams ist, sondern auch eine Süßkartoffel bezeichnen kann.

 

Wenn Sie jetzt nochmal in Ihren Browserverlauf schauen – was denken Sie?

Dass ein Biologiestudium auch nützlich gewesen wäre.

 

Was haben Sie beim Übersetzen gelernt?
  1. Von Catherine Raven habe ich gelernt, öfter mal wieder die Wolken anzustarren. Ich glaube, das hatte ich seit meiner Kindheit nicht mehr gemacht.
  2. In C Pam Zhangs Roman lernt Lucy übrigens auch, die Wolken anzustarren, aber dort wird es zu einem symbolischen, magischen Akt, den sie später an Sam weitergibt. Es ist spannend, wenn in solchen Details plötzlich Verbindungen zwischen zwei so unterschiedlichen Büchern aufscheinen.

 

Worüber mussten Sie lachen? Was hat sie fast zum Verzweifeln gebracht?
  1. Fuchs und ich ist kein Buch, bei dem man laut loslacht. Aber man schmunzelt über Fuchs, den Lebenskünstler, der sich in Yogapositionen ausstreckt oder sich auf einem Felsblock gemütlich den Bauch massiert. Der Verzweiflung nahe war ich das ein oder andere Mal bei der Zitatsuche.
  2. Bei der Arbeit an Wie viel von diesen Hügeln ist Gold habe ich einmal sehr lange nach einer bestimmten Bezeichnung gesucht. Als ich meinem Mann erzählte, woran ich gerade fast verzweifelte, lieferte er mir wie aus der Pistole geschossen das richtige Wort. Das war schon sehr lustig.

 

Würden Sie’s nochmal tun?

Auf jeden Fall!

 

Haben Sie einen Lieblingssatz/ eine Passage/ Szene?
  1. Bei Catherine Raven mochte ich besonders die Szenen und Geschichten, in denen ihre Selbstironie rauskommt: der Misserfolg mit dem Wühlmauswald zum Beispiel, die Szene mit dem 103-jährigen Cowboy im Supermarkt oder der Kampf gegen die Taschenratte. Vielleicht weil ich vorher mit Wie viel von diesen Hügeln ist Gold ein Buch übersetzt hatte, das ganz ohne comic relief auskommen muss.
  2. »Jung genug, um zu glauben, dass man die Welt aus Wünschen erschafft.« Und noch einige andere.

 

Wenn Sie während des Übersetzens Freunden in einem Satz erklärt haben, was Sie gerade machen – wie lautete der Satz?
  1. Ich übersetze gerade die Geschichte einer Frau, die allein in der Wildnis lebt und sich mit einem wilden Fuchs anfreundet, und kennst du vielleicht jemanden, der sich mit Bogenschießen, Braunwurzgewächsen, Mineralogie, Jagdgewehren oder Vegetationsbränden auskennt?
  2. Ich übersetze gerade einen Western, der viel mehr als ein Western ist: eine Geschichte über Immigration, Familie, Rassismus, Gender, die Landschaft Kaliforniens und die Suche nach einem Zuhause.

 

Dieses Buch sollte man unbedingt lesen, weil…
  1. … einem klar wird, wie sehr in der Natur alles miteinander verbunden ist und wie unbedeutend wir Menschen sind. Außerdem lernt man einen sehr netten Fuchs kennen.
  2. … es einen in Bann zieht und lange nicht loslässt.

 

Als Sie mit dem Übersetzen fertig waren, haben Sie zuallererst…

… Urlaub gemacht! Glücklicher Zufall.

 

Um sich abends vom Übersetzen zu entspannen, haben Sie…

Es war die Zeit der Lockdowns und Schulschließungen, deshalb habe ich meistens abends übersetzt und bin danach zur Entspannung schlafen gegangen.

 

In welchem Setting liest man diese Bücher am besten?

Ich finde, das Setting ist egal. Wenn man in einem Buch versinkt, ist man sowieso ganz woanders.

 

Zu diesem Buch passt am besten...
  1. Cowboykaffee – auch ein Ausdruck, den ich bei der Übersetzung kennengelernt habe. Auf jeden Fall ein Getränk, das man in Thermoskanne oder Trinkflasche mit in die Natur nehmen kann.
  2. Ein Western verlangt wohl nach Whiskey – der natürlich auch im Roman reichlich konsumiert wird.

 

Leser*innen, die dieses Buch mögen, empfehlen Sie auch...

  1. Wegen der Wahlverwandtschaft von Catherine Raven und Ismael: Moby-Dick.
  2. Menschenkind von Toni Morrison. C Pam Zhang nennt diesen Roman (neben anderen) als Inspirationsquelle, und in der Tat hat mich der Ton von Wie viel von diesen Hügeln ist Gold an Toni Morrison erinnert.

 

 

Eva Regul, geboren 1974 in Kiel, studierte Literaturwissenschaft in Berlin und lebte anschließend in London. Nach ersten Übersetzungen während des Studiums arbeitete sie mehrere Jahre als Untertitlerin. 2019 kehrte sie in die Welt der Bücher zurück und überträgt seither Literatur aus dem britischen und amerikanischen Englisch ins Deutsche.

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Zur Autorin

Die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft

Zu »Fuchs und ich«

Ein Roman von der Sehnsucht anzukommen

Zu »Wie viel von diesen Hügeln ist Gold«