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Wie Medien Geschichte machen

Die Bildergalerie aus der Ausstellung »Von Luther zu Twitter. Medien und politische Öffentlichkeit« im Deutschen Historischen Museum (10.09.2020-11.04.2021). Von Melanie Lyon.

1) Fake news, Microtargeting, Shitstorms: Wir befinden uns aktuell in einem radikalen Wandlungsprozess von politischer Öffentlichkeit, der stark von Smartphones und Social Media geprägt ist. Der Blick in die Geschichte zeigt aber: Neue Medien haben schon immer die Strukturen politischer Öffentlichkeit verändert und viele Phänomene sind gar nicht so neu, wie wir denken. Vom Buchdruck zur Zeit Martin Luthers, über die Presselandschaft des 19. Jahrhunderts, die nationalsozialistische Radiopropaganda und die Bilderwelt der Nachkriegszeit spannt die Ausstellung den Bogen bis in die digitale Gegenwart.

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© DHM/David von Becker

Raumansicht »Von Luther zu Twitter. Medien und politische Öffentlichkeit«

2) Als Johannes Gutenberg um 1450 den Buchdruck erfand, wurde damit vor allem die Schriftproduktion perfektioniert. Erst siebzig Jahre später erkannte Martin Luther das Potenzial der massenhaften Verbreitung deutschsprachiger Druckschriften für die Reformation und wurde als deren Leitfigur auch in gedruckten Bildern greifbar.

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© DHM/David von Becker

Raumansicht »Von Luther zu Twitter. Medien und politische Öffentlichkeit«

3) Der Kampf um die Pressefreiheit wurde im 19. Jahrhundert zum entscheidenden Faktor für die Entstehung einer bürgerlichen Öffentlichkeit, die politische Mitsprache forderte. Das Gemälde Lesekabinett aus unserer Sammlung steht bis heute als Idealbild einer sich informierenden Öffentlichkeit, die sich über politische Themen austauscht. Öffentlichkeit, das zeigt das Gemälde Die Emanzipierte, war aber auch immer ein umkämpfter Raum.

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© Deutsches Historisches Museum/A. Psille

Lesekabinett, Heinrich Lukas Arnold (1815–1854), Dresden, um 1840, Öl auf Leinwand

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© Oberösterreichisches Landesmuseum Linz

Die Emanzipierte, Johann Baptiste Reiter (1813–1890), wohl Österreich, um 1847

4) Wer hip war hörte in den 1920er Jahren Radio beim Motorradfahren. In der Weimarer Republik dominierte der unpolitische Unterhaltungsrundfunk das Programm.
Die Nationalsozialisten nutzten Rundfunk und Lautsprecher ab 1933, um Massen zu formieren und ein Gefühl der Nähe zwischen »Führer« und »Volksgemeinschaft« zu erzeugen. Mit dem Volksempfänger sollte die Propaganda bis in die Wohnzimmer getragen werden.

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Originalaufnahme im Archiv von ullstein bild, © ullstein bild

Anfänge der Radioübertragung, Radiohören beim Motorradfahren, 1928

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© Deutsches Historisches Museum/A. Psille

Volksempfänger VE 301 w, 1936

5) Mit dem Fernsehen kamen Bilder aus aller Welt seit den 1960er Jahren ins Wohnzimmer. Auch damals passten Politiker ihren Stil dem neuen Medium an, um möglichst viele Wählerstimmen zu gewinnen: Bereits 1960 fand die erste TV-Debatte im US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf statt, in welcher der telegen auftretende John F. Kennedy besser abschnitt als sein politisch erfahrenerer Kontrahent Richard Nixon.

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© DHM/David von Becker

6) Die politische Öffentlichkeit verändert sich derzeit durch die digitalen Direktmedien grundlegend und mit offenem Ausgang. Florian Mehnerts Fotoprojekt Smartphone Stacks macht die dunkle Kehrseite der digitalen Partizipation sichtbar: Der Mensch wird hier zum berechenbaren Datenmaterial.

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© Courtesy of Florian Mehnert

Smartphone Stacks, Florian Mehnert (geb. 1970), 2020

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