Lesung und Gespräch mit Édouard Louis

»Auf Yoruba ist dein Vater dein Name«, so lautet ein Vers von Logan February. Dabei ist »February« selbst nicht der Name des Vaters. In ihn trägt sich eine Differenz ein, ein Bruch mit dem väterlichen Gesetz, das February den Geburtsnamen Akinwale gegeben hat. Februarys Gedichte markieren diesen Bruch, indem sie sich verweigern, weiter im Namen der Väter zu schreiben. An deren Stelle treten die Namen der queeren Community von Nigeria, die Regenbogenjungen, die Mannequins, die Fuckboys und die Geister der Ahnen. Mit dem väterlichen Gesetz bricht auch der französische Romancier Édouard Louis. In seinem autobiografischen Essay "Wer hat meinen Vater umgebracht" (2018) attackiert er jenes politische System, das seinen Vater zu einem homophoben Rassisten werden ließ. Seine Romane lassen die LGBTQ+-Bewegung ebenso zu Wort kommen wie die enttäuschte französische Alt-Linke, die dem Faschismus in die Arme gelaufen ist. Dabei leitet Louis stets die Frage, wie sich die gespaltene Linke wieder vereinen ließe. In seinem jüngsten Roman Anleitung ein anderer zu werden (2022) entwirft er eine Poetik der Umbenennung, die mit der Transformation einer Person einhergeht. Aus dem proletarischen »Eddy« wird »Édouard«, der sich Zähne, Haar und Aussehen auswechseln lässt, um aus der Arbeiterklasse auszusteigen und zum Intellektuellen zu werden.